Firstpost

Haare raufend und nur mit einem Handtuch bekleidet stand ich in der Tür meines kleinen Zimmers. Die warme Morgensonne schien durch das ausladende Fenster und ich musste heftig blinzeln, damit ich überhaupt etwas sehen konnte.
Vor mir standen zwei Betten. Eines unberührt und mit makelloser Bettdecke, das andere zerwühlt und überfüllt von tausenden von Büchern, Zeitschriften und anderem Kleinkrams.
Ich hatte gerade geduscht und stand nun mit klitschnassem Haar in meinem Zimmer, unschlüssig, was ich nun machen sollte.
Angespannt kaute ich auf meiner Unterlippe herum. Wie hieß nochmal dieser verdammte Zauberspruch zum Aufräumen?! Egal wie lange ich darüber nachdachte, es lag mir wie ein unlösbares Stück Zucker auf meiner Zunge.
Und dabei sollte doch alles perfekt werden, wenn meine neue Mitbewohnerin kam! Meine ehemalige Zimmerkameradin Kayle hatte dieses Schuljahr die Schule gewechselt, weswegen ich nun einen Platz in meinem Zimmer frei hatte und einen der neuen Schüler aus Hogwarts aufnehmen musste. Schon seit Tagen freute ich mich darauf, die Hogwartsianer kennenzulernen!
Anders wie die meisten anderen, denen es entweder egal war oder die den Neuankömmlingen gegenüber misstrauisch waren, konnte ich mich kaum halten vor Vorfreude. Den ganzen Tag über war ich schon total hibbelig, da die Schüler eigentlich noch heute Abend (ist das so? XD) ankommen sollten.
Naja, trotzdem half mir das alles nicht bei meinem Zauberspruchproblem weiter.
Seufzend setzte ich mich auf mein überfülltes Bett. Dann musste ich es eben wohl oder übel per Hand machen. Bei der Vorstellung, wie manche der Nevermore-Schüler dabei angeekelt das Gesicht verziehen würden, stahl sich ein Lächeln auf mein Gesicht, während ich die ganzen Zeitschriften zu einem hohen Stapel arrangierte. Ihre Gesichter wären einfach göttlich, wenn sie jetzt sehen würden, dass ich, eine reinblütige Jägerin, so etwas ohne Zauberstab machte. Tja, man kann sich halt nicht an jeden Zauberspruch erinnern...
Während ich tief in Gedanken versunken war, blitzten mir Titel wie 'WWMF (World Wide Magical Fund)' oder 'Der Patronus' entgegen.
Schon von klein auf hatte ich ein Fabel für Fabelwesenschutzvereine und kaufte mir dementsprechend auch die ein oder andere Zeitschrift darüber. Ich konnte es einfach nicht ausstehen, wie manche Zauberwesen behandelt wurden! Als ob sie minderwertig wären!
Als die Zeitschriften schließlich zu einem gefährlich schiefen Stapel sortiert waren, ergriff ich als nächstes eines meiner dicken Bücher. Es handelte über die Jagd auf Vampire und wie man die Notwendigkeit dafür theoretisch verhindern könnte. 'Theoretisch'... Meine Eltern waren nicht gerade sehr begeistert gewesen, als ich ihnen davon erzählt hatte. Ich spürte einen Stich, als die Erinnerung daran in mir aufflammte.
'Ach, einfach nicht daran denken...', beruhigte ich mich und betrachtete mit einem leicht überforderten Blick das Durcheinander vor mir.
'Erst einmal musst du das Chaos hier in Ordnung bringen!'

Mit einem leichten Lächeln riss ich die Tür zu dem Zimmer meiner Schwester auf. Mein Grinsen wurde noch breiter, als Jade auf dem Bett saß. Das beste daran, sie hatte nur ein Handtuch um ihren Körper gewickelt und schaute mich geschockt an. Ihre Haare tropften noch ein wenig und wirkten nicht mehr so blond, sondern hatten durch das Wasser einen Braunton angenommen. Ich schloss die Tür hinter mir und lehnte mich lässig gegen sie. Meine Arme verschränkt musterte ich meine jüngere Schwester.
Ihre Augen waren geweitet, funkelten mich zum Teil wütend an, doch der Schock konnte ich so heraus lesen. Ohne darauf zu achten, schaute ich mich in ihrem Zimmer um. Überall lag Zeug herum, selbst in dem Bereich, der für ihre Mitbewohnerin gedacht war. Die ersten Banner von Jades Tierschutzvereinen, sah ich auch schon. Sie konnte es einfach nicht lassen, ständig kämpfte sie für die Tiere. Ich war zwar nicht einverstanden mit der Haltung, dennoch war ich nicht so verrückt danach, diesen Wesen zu helfen.
„Jadie, du weißt schon, dass bald die Neuen kommen? Du hast nicht mal aufgeräumt und mussten diese Banner unbedingt mit?“, fragte ich. Dabei ignorierte ich, dass meine Kleine nur ein Handtuch um hatte. Meine Stimme klang fast so, als ob ich vom Wetter sprach.

Geschockt starrte ich meinen großen Bruder an. Doch der Schock wich schnell heißer Wut und ich funkelte ihn zornig an. „Jason! Klopf gefälligst, wenn du hereinkommst! Außerdem, hör auf mich die ganze Zeit Jadie zu nennen!“, zischte ich wütend. Wieso musste Jason mich ausgerechnet jetzt nerven? Ich brauchte seine Verbesserungsvorschläge nicht, ich kam auch schon alleine ganz gut zurecht!
Mein großer Bruder grinste mich währenddessen immer noch blöd an und ich konnte ein Schnauben nicht unterdrücken.
„Und ja, ich weiß, dass die Neuen bald kommen! Die Banner bleiben übrigens an den Wänden. Du weißt ganz genau, wie viel sie mir bedeuten! Meine neue Mitbewohnerin muss halt damit leben!“, erwiderte ich und strafte meinen Bruder mit dem Todesblick. Sollte er doch denken, dass ich ihn hasste! Mir egal!

Mein geliebtes Funkeln war in ihren Augen aufgetreten und ich liebte es. Ich grinste immer noch und wäre wahrscheinlich in großes Gelächter ausgebrochen, hätte nicht der geringste Anstand an Funken Vernunft in mir gewesen und rebelliert. Ich seufzte schwer und schüttelte nur den Kopf. Mit einer einfachen Bewegung meines Zauberstabs, wurde das Zimmer aufgeräumt, jedenfalls die Hälfte der neuen Mitbewohnerin.
„So, den Rest schaffst du selber JADIE. Aber jetzt mal ehrlich, was hältst du von den Neuen?“, meinte ich immer noch vollkommen gelassen, dabei bedacht ihren Spitznamen zu betonen. Jades Augen sprühten mehr oder weniger schon Funken und ich musste grinsen. Derjenige, wer bei meiner Schwester wohnt, wird mir leid tun. Meine kleine Schwester konnte echt nerven, mit ihrem Tierschutzzeug.

„Danke“, knurrte ich und blickte meinen Bruder aufgebracht an. Mal wieder typisch, dass er das alles hier für witzig hielt. Bevor ich ihm auf seine Frage antwortete, stand ich auf und trat ein paar Schritte auf ihn zu.
„Ich würde jetzt erst einmal vorschlagen, dass du dich verziehst, damit ich mich umziehen kann!“, erwiderte ich und drückte ihn mit einem Finger demonstrativ gen Tür.
„Zu deiner Frage: Ich freue mich auf die Hogwartsianer. Das wird bestimmt total toll! Aber dich interessiert sowas ja nicht. Du interessierst dich ja nur für dein Jägertraining“, fügte ich noch leicht provozierend hinzu. Um ihn noch ein bisschen mehr auf die Palme zu bringen, setzte ich noch ein bissiges Lächeln auf. Jetzt war ich mal damit dran, ihn zu ärgern.